TOP LGBTQ Marketing Kampagnen im Mai | Best-of 2021 | Mastercard, Calvin Klein, Lego

TOP LGBTQ Marketing Kampagnen im Mai | Best-of 2021 | Mastercard, Calvin Klein, Lego

Zum IDAHOBIT, dem LGBTQ Gedenktag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit am 17. Mai, haben Mastercard und bunq ein Produkt auf den Markt gebracht, das sich an Bedürfnissen der trans* Community ausrichtet. Für uns die Top-Kampagne im Mai! Weitere positive Kampagnenbeispiele, u.a. von Calvin Klein treffen in unserem Blogbeitrag auf Kampagnen mit Pinkwashing-Beigeschmack – z.B Lego und Gaffel Kölsch.

Top-Marketing im Mai 2021:
Mastercard

Mastercard und bunq bringen eine Bezahlkarte mit True Name Feature raus: Die Karte bietet für trans* Menschen die Möglichkeit, ihren selbstgewählten Namen auf der eigenen Karte zu lesen – auch ohne bürokratische Personenstandsänderung. Das ist ein wichtiges Zeichen und eine essenzielle Produkterweiterung für Mastercards trans* Kund*innen. Kartenherausgeberin ist die Fintech-Bank bunq mit Sitz in den Niederlanden. Das True Name Feature bieten sie in 29 Ländern Europas an.

Selbstbestimmung ist für die LGBTQ-Community ein wichtiges Thema. Ein selbstgewählter Name ist für Menschen wichtig, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Dazu zählen unter dem Label „trans*“ sowohl transgender / transsexuelle / transidente Menschen, wie auch nicht-binäre, genderqueere oder agender Personen. Viele von ihnen legen ihren Geburtsnamen („Dead Name“) ab und legen sich selbstbestimmt und stolz einen eigenen Namen zu. Mit dem Dead Name angesprochen zu werden, ihn auf Dokumenten zu lesen oder sich damit ausweisen zu müssen, kann für Betroffene Genderdysphorie auslösen, traumatisierende Erinnerungen wecken oder gar ein ungewolltes Outing provozieren.

Andere Bezahlkarten lassen den neuen Namen erst zu, wenn er so im Ausweis steht. Doch wer den eigenen Geschlechtseintrag und Namen amtlich ändern möchte, muss in Deutschland einen langwierigen, bürokratischen und entwürdigenden Prozess auf sich nehmen: Zweifache Gutachten mit entblößenden Interviews und eine richterliche Entscheidung gehören zum kostspieligen Verfahren. Da im Bundestag jüngst die Aufhebung des teils verfassungswidrigen Transsexuellengesetzes und Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes abgelehnt wurde, wird diese unsägliche Situation auch weiterhin so bleiben (weitere Infos hier).

Mastercard und bunq arbeiteten mit Influencer*innen aus der Trans*-Community wie „Mademoiselle Nicolette“.

Die Möglichkeit also, den wahren Namen anstelle des Dead Names auf der eigenen Karte zu lesen, stellt für viele einen Akt der Befreiung dar.

„Unser Unternehmen steht für Inklusion. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass alle Menschen Zugang zu Finanzprodukten haben, die ihre wahre Identität widerspiegeln“, sagt Mark Barnett, Präsident von Mastercard Europe.

Die Einführung der True-Name-Mastercard wurde durch eine Influencer-Kampagne begleitet, bei der queere Persönlichkeiten zu Wort kommen. „Mademoiselle Nicolette“, Instagram-Star und Autorin, sagt zum Beispiel: „Dein Name kann Dein Leben verändern. Dein Name ist priceless. ???️‍?“

Wir von SÍSÍ finden: Eine durchdachte Produkterweiterung und Marketing, das die Zielgruppe nicht nur anspricht, sondern ein großes Problem der queeren Community aktiv angeht und sie alltäglich entlastet.

Mit den Mai-Kampagnen geht’s unten weiter ?

So wählen wir bei SÍSÍ die besten LGBTQ-Kampagnen aus:

Monatlich stellen wir die besten queeren Marketing-Kampagnen vor. Wer die Reihe noch nicht kennt – hier geht’s lang: Top LGBTQ Kampagnen

SÍSÍ ist eine Agentur aus der Community, für die Community. Unser Heimathafen ist klar die schwule und queere Szene: Durch unseren Social-Media-Channel Sissy That Talk haben wir stets den Finger am aktuellen Puls der LGBTQ-Community. Davon inspiriert, geht auch unser Agenturansatz vom Konzept der Community aus: Communitys, das sind für uns Menschen mit gemeinsamen Zielen, Interessen und Werten; seien es Subkulturen, Szenen oder Zielgruppen.

Und das sind die Faktoren, nach denen wir entscheiden, ob eine Kampagne „best of“ ist, oder halt nur „nice to have“:

  1. Authentizität: Wie nah ist die Kampagne an den Menschen und Interessen der Community dran? Zeigen die Kampagne und ihre Akteur*innen echtes Engagement für Vielfalt und für die Bedürfnisse der queeren Community?
  2. Partizipation: Werden queere Menschen, Organisationen oder Firmen-Netzwerke bei der Gestaltung der Kampagne mit einbezogen? Werden LGBTQ-Organisationen monetär durch die Kampagne gefördert?
  3. Strahlkraft: Erzeugt die Kampagne Aufmerksamkeit innerhalb der Community (oder innerhalb des Mainstreams, je nach Ziel der Kampagne)?
  4. Innovation: Nutzt die Kampagne aktuelle, queere Trends oder einen neuartigen Kampagnenansatz?

Willst du dich mit uns dazu unterhalten? Oder planst du selbst eine Kampagne für die queere Zielgruppe, die mit Herz gestaltet ist und gleichzeitig für Aufmerksamkeit sorgen soll? Dann freuen wir uns, wenn du uns kontaktierst. ?

Weitere LGBTQ-Kampagnen im Mai 2021

Schon seit zwei Jahren macht Calvin Klein mit der #ProudInMyCalvins Kampagne von sich reden, bei der die Marke junge Stars und Influencer*innen aus der LGBTQ-Community featuret. In diesem Jahr wird die Kampagne mit dem Thema „Moments in Pride“ fortgesetzt. Es geht um einschneidende Ereignisse der Selbstfindung im Leben von queeren Künstler*innen und Aktivist*innen, die in zurückhaltenden und intimen Einstellungen eingefangen werden.

Mit aktuellen Icons der queeren Szene wie Honey Dijon oder dem Élite-Darsteller Omar Ayuso sind sie ganz nah am Puls der Zeit. Auch weil auf eine vielfältige Bandbreite der queeren Community gesetzt wird – nicht nur auf weiße, schwule Männer. Insbesondere mit Honey Dijon haben sie eine Botschafterin gewählt, die als Schwarze trans Künstlerin queerpolitischen Aktivismus lebt. Ihr „Moment in Pride“: Der Besuch eines queeren Clubs in New York, in dem sie die Bestätigung einer anderen trans* Frau erlebte und erkannte: „Ich kann existieren und bin wertvoll.“

Honey Dijon – Star-DJ und Aktivistin – erzählt ihren „Moment in Pride“ für Calvin Klein.

Durch das emotionale und authentische Storytelling geht die Kampagne weit über ein oberflächliches Rainbow-Marketing hinaus. Die globale Kampagne startete mit einem Video, das alle Geschichten zusammenbringt. Eine Reihe von Kurzfilmen, welche die individuellen Geschichten zeigt, wird im Laufe des Jahres auf den Calvin Klein-Kanälen neben weiteren#proudinmycalvins-Inhalten veröffentlicht.

Calvin Klein unterstützt die Community nicht nur zum Pride-Month, sondern setzt sich das ganze Jahr über für diverse LGTBQ-Projekte und -Organisationen ein. Dieses Jahr dazugekommen ist eine für mindestens zwei Jahre angesetzte Partnerschaft mit „The Trevor Project“, der weltweit größten Organisation zur Suizid-Prävention und Krisenintervention bei jungen queeren Betroffenen.

Der Kampagnenfilm von Calvin Klein #ProudInMyCalvins

Lego: Regenbogen mit Pinkwashing-Verdacht

Lego brachte anlässlich des Pride Months das Set „Everyone is Awesome“ heraus –in den Farben der erweiterten Progress-Pride-Flagge. Da werden Kindheitserinnerungen wach und gequeert: Die Figuren sind jeweils einer Farbe zugeordnet und unterscheiden sich nur durch die Frisuren. Neben den sechs klassischen Pride-Farben gibt es Schwarz und Braun für die ethnische Vielfalt der LGBTQ Community, sowie Hellblau, Weiß und Rosa für die Trans*-Community. Das drückt, getreu dem Motto „Jeder ist besonders“ Individualität aus, bleibt aber gleichzeitig mehrdeutig queer, da Geschlechtszuweisung (z.B. über Gesichtsbemalung) vermieden wird. Mit einer Ausnahme: Die lila Minifigur mit einer stark stilisierten Beehive-Frisur sei als „klare Anspielung auf alle fabelhaften Dragqueens“ gedacht, so Designer Matthew Ashton – selbst schwul und Vice President of Design bei Lego.

Er verbindet das Set mit seiner persönlichen Coming-out-Story: „Wenn mir damals jemand dieses Set geschenkt hätte, hätte ich große Erleichterung verspürt, weil ich gewusst hätte, dass mir diese Person beisteht.“ Heute ist er stolz bei einem Unternehmen zu arbeiten, dass für Offenheit steht.

Hier wurde also nicht nur ein Regenbogen aufgedruckt, sondern ein eigenes Design erstellt, mit persönlicher Backstory und in Auseinandersetzung mit der Community. Dennoch ist dieses Lego-Set leider ein gutes Beispiel dafür, dass Pinkwashing nicht pink-weiß verläuft, sondern in „50 Shades of Pink“.  Die Frage hierbei: Was steht im Vordergrund – das Engagement für die LGBTQ-Community oder der Nutzen fürs Unternehmen? Meist lässt sich diese nicht eindeutig beantworten und es lassen sich doch für beide Sichtweisen Argumente finden. Für Pinkwashing spricht bei Lego leider folgendes:

 

LEGOs „Everyone is Awesome“ Set – auch im Instagram-Post wird die Bedeutung des Pride-Regenbogens leider nicht näher erklärt.

Obwohl dieses „Rainbow Product“ unübersehbar das Symbol der queeren Community nutzt, gibt es dafür von Lego keinerlei Unterstützung für queere Organisationen. Noch nicht mal ein Anteil des stolzen Produktpreises (€ 34,99) wird für einen guten Zweck beiseite gelegt. Außerdem enthalten Verpackung und Produktname keinen expliziten Hinweis auf die Bedeutung des Regenbogens: LGBTQ Pride. Man muss also bereits „in the know“ sein, wofür das Set steht. Für unaufgeklärte Käufer*innen im Laden ist das Set einfach nur „schön bunt“, ohne dass ein Bezug zur LGBTQ-Community hergestellt wird – die Aufklärungsarbeit überlässt Lego anderen.

Noch gravierender: Das Produkt ist in queerfeindlichen Ländern wie Russland und den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht erhältlich. Bei Eingabe der Produktnummer spucken die entsprechenden Websites eine Fehlermeldung aus (siehe Screenshot). Ein konsequentes Eintreten für LGBTQ-Rechte sieht anders aus.

Mit dieser Haltung wirkt das Engagement von Lego für Vielfalt leider halbherzig und der Pinkwashing-Verdacht liegt nahe: Ein durchaus schönes „Rainbow-Product“ (natürlich zum Pride Month), das Lego die pinken Dollars der queeren Fans einbringt und nebenbei das Firmenimage aufpoliert (wenn auch nur in den queerfreundlichen Märkten).

Lego Pinkwashing Pride LGBT queer Marketing Everyone is Awesome Arabische Emirate SISI agentur

So sieht die Produktseite in queerfeindlichen Ländern wie Russland oder den Arabischen Emiraten aus: „Sorry, we can’t find that page!“ Das finden wir leider gar nicht „awesome“.

Die Frankfurter Brauunion hat ihre Biermarke „FXXXXFXXXXR HELLES“ in „FXXXXFXXXXR BUNTES“ umgewandelt. Mit dieser Bier-Sonderedition wollen sie deutschlandweit ein Zeichen für Offenheit setzen. Wunderbar: Sie spenden den kompletten Gewinn aus dem Vertrieb der limitierten Sonderedition an gemeinnützige Initiativen. Den Anfang macht der Verein Laut gegen Nazis aus Hamburg.

Ein Pinkwashing-Beispiel in der Bierbranche liefert dagegen Gaffel Bier: Im letzten Jahr haben wir die Brauerei noch für ihre kreative Idee gelobt, ein Glas mit Pride-Regenbogen herauszubringen. Bei ihrem Bier „Bräu George“ sehen wir es jedoch kritischer:

„Bräu George ist ein fruchtiges, extrovertiertes Bier mit Himbeer-Noten“ – schon die Beschreibung trieft nur so vor Gay-Klischees – inklusive pinkem Label. „Eingeführt wird Bräu George anlässlich des Christopfer [!] Street Day. Aus der Community heraus gab es die Anregung, ein eigenes Bier zu produzieren. Gaffel unterstützt seit Jahren viele Projekte und ist über gastronomische Objekte in der Szene stark vertreten.“ schreibt Gaffel und wir fragen uns wie Carrie in „Sex and the City“: Was hat das Bier mit dem „Christopfer Street Day“ zu tun? Wer aus der Community hat es angeregt? Was wird konkret unterstützt? Und wer ist eigentlich Christopfer?

Darüber findet man auf der Website von Gaffel leider keine Infos.

Das Helle FXXXXFXXXXR BUNTES von der Frankfurter Brauunion – so geht’s auch ohne Pinkwashing

Die Firmennetzwerke in Baden-Württemberg, zu denen u.a. EnBW, Vodaphone und Bosch gehören, feiern mit einer gemeinsame Kampagne Sichtbarkeit für queere Themen in ihren Unternehmen.

Gemeinsam haben sie den Hashtag #MehrAls20000 ins Leben gerufen und schaffen Sichtbarkeit durch Firmenaktionen und einer gemeinsame Online-Bannerkampagne. Damit wollen sie für queere Themen nach außen und innen aufmerksam machen.

Außerdem weisen sie auf die Arbeit des Managements, der LGBTQ-Netzwerke und engagierte Mitarbeitende hin, die mit ihren Bemühungen intern in den Unternehmen mehr als 20.000 Menschen mit queerfreundlichen Botschaften und Geschäftsprozessen erreichen.

Arvato ist eines der Unternehme, das #MehrAls20000 Menschen intern erreicht

Dr. Martens bringt eine Regenbogen-Edition ihrer Lederstiefel heraus. Rainbow Products, die als altbekanntes Produkt im Regenbogen-Design zur Pride-Saison herauskommen, wecken bei uns erstmal den Pinkwashing-Verdacht.

Aber siehe da, Dr. Martens spendet jährlich an diverse LGBTQ-Organisationen – dieses Jahr in Höhe von $ 100.000 (in den USA an The Trevor Project; in Europa an akt, Jugend gegen Aids und Le Refuge – der französiche Verein bietet Schutzräume für 18-25-jährige Opfer queerfeindlicher Gewalt). Positiv: Diese Spenden koppelt Dr. Martens nicht an die Verkaufszahlen seiner Pride-Schuhe.

Dann ist auch mal so ein Produkt für die Regenbogen-Fans der Kult-Stiefel drin.

Genau wie Calvin Klein unterstützt Dr. Marten auch das „The Trevor Project“ – aber auch weitere LGBTQ-Organisationen in Europa.

Wir sind SÍSÍ:

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Sven Tomschin ist Berater und Geschäftsführer bei SÍSÍ – der agentur mit akzent. Vernetze dich mit Sven auf LinkedIn.

 

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Im August rollte Ford seinen Protest gegen Homophobie im Netz von Twitter auf den Kölner Pride. Und nach der CSD-Saison zeigt sich, wer wirklich Ally der LGBTQ Szene ist: ELLE leistete Widerstand gegen Ungarns queerfeindliche Gesetzgebung. Auch Booking.com, RTL, United Airlines und Ubisoft hatten herausragende Kampagnen, die sich an die queere Community richten und die wir gern vorstellen. Die CDU sorgte dagegen für das Pinkwashing-Beispiel des Monats.

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